Vortest zur Durchführbarkeit des Forschungsprojektes
Schuljahr 2019/2020
Im Zentrum der vorliegenden Voruntersuchung stand die Frage, inwieweit aktuelle Biologie-Schulbücher als effektives Lernmaterial für Schüler*innen geeignet sind – konkret am Beispiel des Themenfeldes „Enzymatik“. Ziel war es, den Fachwissenszuwachs durch schulbuchbasierte Materialien zu erfassen und methodisch belastbare Indikatoren für Qualität und Wirksamkeit zu gewinnen.
Methodik
Die Studie wurde im Rahmen eines EDV-gestützten Prä-Post-Designs durchgeführt. Insgesamt nahmen 94 Schüler*innen aus vier Vollzeitklassen der Erprobungsstufe am Vortest teil, von denen 75 auch den Nachtest absolvierten. Die Erhebung erfolgte über einen Online-Fragebogen (Microsoft Forms©), bestehend aus 34 Multiple-Choice-Fragen und einer Einstellungsabfrage via Likert-Skala. Zwischen Vor- und Nachtest arbeiteten die Schüler*innen 90 Minuten lang eigenständig mit vorbereiteten Arbeitsmaterialien, die auf Schulbuchtexten basierten.
Materialien
Zum Einsatz kamen zwei Textvarianten:
- T1 (Original): Schulbuchtext im Originalwortlaut
- T2 (Modifiziert): Vereinfachte Version mit kürzeren Sätzen, erklärenden Elementen und Merksätzen
Beide Materialien behandelten identische Inhalte. Der Flesch-Lesbarkeitsindex lag bei T1 bei 39 (schwierig), bei T2 bei 53 (einfacher, besser verständlich).
Ergebnisse
Die Voruntersuchung erfüllte alle drei definierten Ziele:
1. Methodenüberprüfung: Die EDV-basierte Erhebungsmethode erwies sich als praktikabel, nutzerfreundlich und auswertbar. Die Bearbeitungszeit der Fragebögen passte in eine reguläre Unterrichtsstunde.
2. Itementwicklung: Aus den ursprünglich 34 Testitems konnten 20 wissenschaftlich belastbare Items zur Erhebung des Fachwissens identifiziert werden (Cronbach’s Alpha: 0,84).
3. Erste Wirksamkeitsergebnisse: Der Vergleich zwischen T1 und T2 zeigte signifikante Unterschiede im Fachwissenszuwachs. T2 erzielte höhere Nachtest-Scores und wurde von den Schüler*innen hinsichtlich Verständlichkeit, Textlänge und Aufgabenbearbeitung deutlich positiver bewertet.
Implikationen und Ausblick
Die Ergebnisse belegen, dass gezielte sprachliche Vereinfachungen in Schulbuchtexten nicht zu einem inhaltlichen Qualitätsverlust führen, sondern im Gegenteil zu einer verbesserten Erschließbarkeit und Lernwirksamkeit beitragen können. Dies legt nahe, dass Differenzierungen in der Gestaltung von Schulbuchtexten lernförderlich wirken.
Die gewonnenen Erkenntnisse fließen in die Konzeption der Hauptstudie ein. Geplant ist die Evaluation von 16 Materialsettings mit einem deutlich erweiterten Stichprobenumfang (ca. 1.800 Schüler*innen). Dabei sollen zentrale Bestandteile typischer Schulbuchseiten (Texte, Merksätze, Kontexte, Hilfetexte, grafische Gestaltung etc.) systematisch variiert und hinsichtlich ihres Beitrags zur fachlichen Kompetenzentwicklung untersucht werden.
Zielsetzung der Folgeuntersuchung ist es, empirisch fundierte Empfehlungen für eine lernwirksame Gestaltung von Schulbuchmaterialien im Biologieunterricht zu entwickeln – praxisnah, evidenzbasiert und differenzierungssensibel.